Ölkonzerne zahlen Rekord-Dividenden zulasten von Innovationen – Heizölpreise gehen leicht zurück 

 August 24, 2023

By  Carsten Dohmann

Ölkonzerne haben zuletzt durch milliardenschwere Aktienrückkaufprogramme (ARPs) und Dividendenerhöhungen auf sich aufmerksam gemacht. Die sprudelnden Gewinne aufgrund der hohen Energiepreise ermöglichen es Konzernen wie BP, Shell, Total Energies, Chevron und ExxonMobile, mit Aktienrückkäufen und Dividenden den Rekordsummen an die Anleger auszuschütten.

Zunehmende Kritik an ARPs und hohen Dividenden
ARPs sind Finanzinstrumente, die von Unternehmen genutzt werden, um eigene Aktien auf dem Markt zurückzukaufen. Diese Praxis hat in den letzten Jahren an Beliebtheit gewonnen, ist jedoch nicht frei von Kritik. Denn nach Meinung von Analysten können Aktienrückkäufe langfristig zu einer Minderung der Investitionen führen.

Die Unternehmen verwenden oft erhebliche finanzielle Mittel, um ihre eigenen Aktien zu erwerben, anstatt in Forschung, Entwicklung oder andere langfristige Wachstumsstrategien zu investieren. Dies könnte nach Ansicht von Aktionärsschützern zu einem Rückgang von Innovationen und damit von Wachstum führen, was langfristig die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens gefährden könnte.

Dividenden und ARPs steigen in nur einem Jahr um 210 Prozent…
Angesichts dieser Einschätzungen müsste eine am Dienstag veröffentlichte Studie der Beratungsgesellschaft E&Y für Sorgenfalten bei Politikern sorgen. Dem Bericht zufolge gaben US-amerikanische Öl- und Gasunternehmen im Jahr 2022 mehr von ihren Unternehmensgewinnen für Dividenden und Aktienrückkäufe aus als für die Exploration und Produktion neuer Bohrlöcher.

Die Studie, die eine Analyse der Finanzrenditen der 50 größten unabhängigen US-amerikanischen Öl- und Gasunternehmen im Jahr 2022 zusammenstellt, ergab, dass die Gesamtausschüttungen dieser Unternehmen für Dividenden und Aktienrückkäufe im vergangenen Jahr um 210 Prozent gestiegen sind – von 19,0 Milliarden US-Dollar im Jahr 2021 auf bis zu 58,8 Milliarden US-Dollar im vergangenen Jahr.

…aber Ausgaben für Exploration und Entwicklung rückläufig!
Die Ausschüttungen an Investoren übersteigen die 55 Milliarden US-Dollar, die die größten unabhängigen US-Unternehmen für Exploration und Entwicklung ausgegeben haben.
Der Anteil der Entwicklungs- und Explorationskosten am Netback – also Umsatz abzüglich Produktionskosten – sank von 32 Prozent im Jahr 2021 auf 28 Prozent im Jahr 2022. Die sei auf die anhaltende Verlagerung der Kapitalallokation hin zu Dividenden und Aktienrückkäufen zurückzuführen, stellte E&Y fest.

Kritik an Schieferölproduktion zeigt Wirkung
Nach Jahren schlechter Renditen und der Erkenntnis, dass Investitionen im Schieferölbereich gesellschaftlich immer größere Kritik hervorrufen, legten die Konzerne den Schwerpunkt auf Effizienz und dauerhafte Kostensenkungen. Die untersuchten Unternehmen verzeichneten im vergangenen Jahr einen Gesamtumsatz von 333 Milliarden US-Dollar und übertrafen damit den bisherigen Rekord von 217 Milliarden US-Dollar. Diese Summe hatte die Studiengruppe im Jahr 2014 auf dem Höhepunkt der Schieferrevolution verzeichnet, als die Ölpreise dreistellige Werte erreichten. E&Y erwartet eine weitere Konsolidierung im Schieferölbereich.

OPEC könnte weiter an Macht gewinnen
Da vor allem der massive Ausbau der US-Ölproduktion in diesem Bereich bislang den nahezu einzig relevanten Gegenpol zur Vormachtstellung der OPEC-Staaten darstellt, muss der Rückgang der amerikanischen Schieferölförderung Sorge bereiten. Mittel- und langfristig würde die OPEC nach Ansicht von Rohstoffexperten ihre Vormachtstellung weiter ausbauen und die Ölpreise noch stärker nach ihrem Gutdünken steuern können.

Die beiden Rohölsorten Brent und WTI verbuchten am Mittwoch den dritten Tag in Folge Verluste, wobei der gestrige Schlusspreis bei der Nordsee-Rohölsorte auf dem niedrigsten Stand seit dem 2. August lag. Die US-Rohölsorte WTI ging sogar auf einem 4-Wochen-Tief aus dem Handel.  Verbraucherinnen und Verbraucher im Bundesgebiet müssen im Schnitt etwa –0,15 bis -0,55 Euro pro 100 Liter weniger bezahlen als noch zur Wochenmitte.

Carsten Dohmann